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Effekte auf Darmflora und Immunsystem Heilfasten schärft Geschmackssinn

Von Dr. Jörg Zittlau | 17.02.2014, 17:39 Uhr

Frühling ist Fastenzeit. Dann wird nicht nur in Kliniken, sondern auch in den heimischen vier Wänden fleißig kulinarische Enthaltsamkeit geübt. Oft mit dem Ziel, abzuspecken und zu entschlacken. Diese These steht auf wackeligen Beinen – aber Fasten kann trotzdem gesundheitlich wertvoll sein.

Entschlackung, Entgiftung, Abspecken, körperliche und seelische Reinigung – wenn vom Heilfasten die Rede ist, geraten seine Befürworter gerne ins Schwärmen. Kritiker hingegen bemängeln, dass es „Schlacken“ im physiologischen Sinne gar nicht gibt und der kurzfristige Gewichtsverlust oft in den berüchtigten Jo-Jo-Effekt umschlägt. Stattdessen könne der Nahrungsentzug, wie etwa Sven David-Müller vom Deutschen Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Diätetik warnt, die Muskulatur und sogar das Herz angreifen: „Fasten kann für Menschen, die unter chronischen Krankheiten leiden, durchaus tödlich enden.“

Das klingt nicht gerade beruhigend. Doch Bernhard Uehleke von der Naturheilkunde-Abteilung der Berliner Charité empfiehlt, das Heilfasten weniger als Entsorgungsmethode zu sehen, „sondern als ein Naturheilverfahren, bei dem es um Reizsetzung, Reaktionen und eine Umstimmung des Körpers geht“. So könne es beispielsweise bei entzündlichen Erkrankungen wie Neurodermitis und Rheuma hilfreich sein: „Der Körper schaltet dann auf Bewältigungsstrategien um, die weniger zu schmerzhaften Entzündungen führen.“ Beispielsweise dadurch, dass durch den Fleischverzicht keine Arachidonsäure mehr geliefert wird, die als chemische Basis für Entzündungsreaktionen dienen könnte. „Fetthaltige Ablagerungen und Gewebe werden ebenfalls abgebaut“, so Uehleke, und das könne man dann schon als eine Art Entschlackung interpretieren.

Zudem beeinflusst Heilfasten die Darmflora. Was nicht nur zu einer besseren Verdauung führt, sondern auch bei Allergien hilfreich sein könnte. Denn Mikrobiologen wiesen unlängst nach, dass durch bestimmte Darmbakterien auch Histamine gepuffert werden – und diese Botenstoffe spielen eine Schlüsselrolle im Entstehen allergischer Reaktionen, wie etwa Heuschnupfen, Nesselfieber und Asthma.

Das Immunsystem wird aber nicht nur gedämpft, sondern auf eine bestimmte Weise auch mobilisiert, wie man am Wittener Universitätslehrstuhl für Medizintheorie beobachten konnte. Demnach lässt eine dreiwöchige Fastenkur im Darm die Anzahl der Immunglobuline ansteigen, die eine Speerspitze im Kampf gegen Infekte bilden. Und interessanterweise hält dieser Effekt zum Teil auch noch drei Monate nach dem Ende der Kur an.

Physiologe Yurly Zverev von der Universität Malawi fand zudem heraus, dass Fasten den Geschmackssinn schärft. „Vor allem unser Geschmackssinn auf Süßes und Salziges“, so erklärt er, „reagiert danach sensibler als vorher.“ Schokolade und Kuchen sowie Räucherschinken und deftige Mettwurst werden dadurch nicht mehr in dem gleichen Umfang konsumiert wie vorher. Oder anders ausgedrückt: Wo man sich früher noch einen Nachschlag gegönnt hat, winkt man nun ab. Dadurch könnte Heilfasten also doch einen gewissen Abspeckeffekt haben.

Nichtsdestoweniger sollten Schwangere und Stillende davon absehen, um nicht die Nährstoffversorgung des Nachwuchses zu gefährden. Problematisch ist auch, wenn gleichzeitig zum Fasten die Anti-Baby-Pille genommen wird – denn die wirkt unter Nahrungsentzug nur noch relativ unzuverlässig. Besser, man legt zeitgleich zum Fasten eine Pillenpause ein.

Wie man überhaupt das Fasten mit anderen Maßnahmen kombinieren sollte. So rät Uehleke gerade kranken Menschen, es zusammen mit anderen Naturheilverfahren durchzuführen. Wie etwa mit Kneipp’schen Güssen und Anwendungen aus der Heilpflanzenkunde. Außerdem sollten mehrwöchige Fastenkuren insbesondere von Menschen mit Erkrankungen oder notwendigen Medikamenten nicht ohne fachliche Anleitung durchgeführt werden.

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